Den urwüchsigen Versen des Nürnberger Poeten über den Anstand bei Tische haben kürzlich zwei befreundete Künstler, der schriftgewandte Robert Haas und Maler Carry Hauser, ein schmuckes, stilgerechtes Gewand gegeben. Das von Haas mit vielem Geschick in einer Fraktur des XV. Jahrhunderts geschriebene und von ihm selbst in Holz geschnittene Büchlein wurde von Hauser mit vier Holzschnitten illustriert, auf deren erstem wir Meister Sachs selber sehen, wie er zwei Tischgenossen gute Lehren hinsichtlich des Verhaltens beim Essen erteilt. Viel üble Sitten gibt es da zu bekämpfen, und Meister Sachs spart auch nicht mit kräftigen Worten, um seinen Mitmenschen alle ihre Verstöße gegen die "Tischzucht" vorzuhalten. Carry Hauser hat kein Bedenken getragen, in den derben Ton des Textes einzustimmen und ist gerade dadurch dem Zeitkolorit sehr nahe gekommen. So vereinigen sich Reime, Schrift und Bilder in glücklicher Weise zu einem Ganzen von durchaus einheitlicher Wirkung, das Büchlein ist wie aus einem Guße geschaffen, eine köstliche Satyre auf die sehr mangelhafte "Tischzucht" des XVI. Jahrhunderts. Hans Ankwicz-Kleehoven
Aus: Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst. 1923
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